18.10.2018: Prof. Dr. Richard Fischers Vortrag zum Thema "Katalyse"

Was Bier und Auto eint

Wer kennt nicht den Begriff Katalysator? Die meisten bringen ihn sofort in Verbindung mit dem Auto. Doch Katalyse als chemischer Prozess betrifft sehr viel mehr Bereiche.

Im Rahmen der Vortragsreihe von Alumni – also Absolventen des Sebastian-Finsterwalder-Gymnasiums – zeigte Prof. Dr. Richard Fischer, Abiturient des Jahrgangs 1984 und seit 2012 Honorarprofessor für industrielle Katalyse an der TU München, in einem lebendigen und äußerst kurzweiligen Vortrag vor Schülern, Eltern und Lehrkräften auf, dass Katalyse immer und überall in unserem Leben präsent ist.

Anhand globaler Megatrends wie Bevölkerungswachstum, Mobilität, Belastung von Ökosystemen, Umwelt und Klimawandel wurde ein Überblick über die technischen Möglichkeiten der Katalyse gegeben. Der chemische Prozess der Katalyse beschleunigt chemische Reaktionen, wobei der Katalysator selbst bei der Reaktion weder verbraucht noch verändert wird.

Solche Verfahren sind letztendlich seit Jahrtausenden selbstverständlicher Bestandteil menschlicher Kultur – seit die Ägypter begonnen haben, Bier zu brauen. Als Katalysator für den Gärungsprozess dient hierbei Hefe.
Die immense Bedeutung der industriellen Katalyse für die Gegenwart verdeutlichen folgende Zahlen: 80% der industriellen chemischen Prozesse benötigen Katalyse, in den Industrienationen hängen 20% der Wirtschaftsleistung davon ab.

Die Allgegenwart und Selbstverständlichkeit der nur durch Katalyse möglichen Produkte auch für den Endverbraucher verdeutlichte Prof. Fischer anhand eingängiger Beispiele: Polystyrol, also Styropor, Vinylacetat als gängiger Klebstoff oder Windeln, die mit Polyacrylaten, sogenannten Superabsorbern, gefüllt sind – alle diese für uns alltäglichen Produkte wären ohne Katalyse undenkbar.

Daran anschließend wurden Perspektiven entworfen, wie die oben angesprochenen globalen Megatrends mit ihren schwerwiegenden Auswirkungen auf die Umwelt durch eine intensive Anwendung katalytischer Verfahren in den unterschiedlichsten Bereichen bewältigt werden können, um die Lebensgrundlagen nachhaltig zu sichern. Katalyse ist Voraussetzung für die Produktion nachhaltigen Treibstoffs, wie z. B. Bioethanol, oder biologischer Reinigungsmittel. Im Bereich der Nahrungsmittelversorgung ermöglichte erst die Ammoniaksynthese mithilfe des katalytischen Haber-Bosch-Verfahrens als Grundlage der Düngemittelindustrie Ertragssteigerungen auf ein Zwölffaches. Eine beeindruckende Zahl veranschaulicht die Bedeutung dieses Verfahrens für die Nahrungsmittelproduktion: Die Hälfte des im menschlichen Körper gebundenen Stickstoffs hat bereits einmal einen Reaktor der Ammoniaksynthese durchlaufen!

Auch die Klimaerwärmung infolge des CO2-Ausstoßes kann technologisch durch Katalyse verringert werden – unter anderem durch Überführung von CO2 in andere Produkte wie z. B. synthetisches Methan. Eine flächendeckende und intensive Anwendung scheitert derzeit allerdings noch an den damit verbundenen hohen Kosten.

Abschließend kam dann mit dem Thema Diesel und Stickoxidausstoß die allbekannte Anwendung von Katalysatoren zur Sprache. Während Medien und Politik sich in Diskussionen über ein Dieselfahrverbot ergehen, liegt die Technik entsprechender Katalysatoren schon lange vor. Eine Hardware-Nachrüstung durch die Automobilhersteller verpflichtend durchzusetzen, würde eine schnelle und effektive Lösung des Problems herbeiführen. Leider fehlt aber derzeit wohl der politische Wille, dies durchzusetzen.

Mit großer Aufmerksamkeit folgten die Zuhörer den interessanten Ausführungen von Prof. Fischer, der es vermochte, auch chemischen Laien die Bedeutung der Katalyse für unser tägliches Leben und vor allem auch für die Sicherung zukünftiger Lebensqualität hervorzuheben.

Ein sehr eindrücklicher und informativer Abend, den alle mit einem veränderten Blick auf die Welt verließen – sozusagen Katalyse am eigenen Leib erlebt.